1742 geht Vorwerk nach Ablegung eines Lehneides an die Familie von der Lancken, die auch das Gut Lubitz im nahen Borchtitz bewirtschaftet und somit im Besitz sämtlicher Süd-Jasmunder Güter war. Zu dieser Zeit zählte das Gut Vorwerk 60 Einwohner. Bis 1865 gehörte noch eine Schäferei in Lubitz bei Sagard dazu.
Als 1901 der letzte männliche Nachkomme der Familie von der Lancken starb, erwarb zunächst der Rittmeister von Langen und wenig später der Landwirt Richard Lietz aus Dumgenevitz bei Garz das Rittergut Vorwerk. Die Geschichte von Borchtitz ist identisch.
Lietz wohnte im Gutshaus in Vorwerk und feierte 1936 unter großer Anteilnahme der Gutsbewohner seinen 70. Geburtstag. Lietz war tüchtig und dem Fortschritt aufgeschlossen. Während die Vorbesitzer vorrangig Schafzucht betrieben, vergrößerte Lietz das Gut Vorwerk mit Lubitz und Anteilen an Capelle und Sagard auf 458 Hektar, baute die Schweinezucht aus und modernisierte den Hof mit einer Dampflokomobile zum Pflügen und Dreschen. Im Jahr 1942 erwarb er den ersten Mähdrescher auf Jasmund.
Der Gutshof von Vorwerk gehörte mittlerweile zu den größten auf der Insel Jasmund. Richard Lietz baute Vorwerk zu einem Mustergut um mit sechs großen, massiven Backsteinstallgebäuden, z.T. kunstvoll mit Giebeln, mehreren kleinen Nebengebäuden und einem Maschinenhaus. Im Jahr 1943 übergab er aus Altersgründen das Gut Vorwerk an seinen Sohn Richard Lietz Junior (1903-1945), der 1945 enteignet wurde.
Bis 1945 war der Gutshof von Vorwerk einer der größten, modernsten und wirtschaftlichsten auf der Halbinsel Jasmund. Das gesamte Lebenswerk wurde der Familie entrissen. Richard Lietz Senior lebte noch bis 1955 als Privatier in Stralsund.
Heute ist vom ehemaligen Gutshof nur noch ein großes Wirtschaftsgebäude erhalten. Reste einer DDR-Bebauung lassen auf eine Nutzung durch eine LPG schließen.
Nach der Wende verfiel das Gut Vorwerk zusammen mit der weitläufigen Parkanlage immer weiter. Von 2002 bis 2007 sanierten die neuen Eigentümer den Marstall, das ehemalige Wirtschaftsgebäude, und errichteten dort 19 individuelle Ferienwohnungen mit Sauna und Fitnessraum.
Die heutigen Eigentümer entdeckten das abseits gelegene Gut Vorwerk mit dem denkmalgeschützten Marstall eher zufällig auf dem Weg zum Martinshafen, als sie dort einen Liegeplatz für ihr Boot anfragten. Im Jahr 2015 erwarben sie den Marstall, sanierten das Gebäude und vereinten das Gut Vorwerk 2019 wieder mit dem Kauf des Gutshauses. Im Gutshaus werden die Sanierungsarbeiten, die vom Vorbesitzer begonnen wurden, fortgeführt, um sechs Ferienwohnungen zu schaffen. Heute erstrahlt der Hof in neuem Glanz.